Interview mit Michael Bogdain
Michael Bogdain
Teamleiter Knoten Zwickau
Wie lange arbeiten Sie schon am Projekt Sachsen-Franken-Magistrale?
Der Ausbau der Sachsenmagistrale hat bereits eine lange Geschichte und ich glaube, ich bin einer der wenigen Aktiven, die seit Beginn dabei sind. Bereits Mitte der 90er Jahre war ich als externer Projektsteuerer in das Vorhaben involviert.
Im August 2011 bin ich dann direkt zur DB ProjektBau gekommen und war zunächst im kaufmännischen Bereich tätig, habe mich 2018 mit dem Ostkorridor Süd beschäftigt und bin dann 2020 zum technischen Projektmanagement gewechselt.
Sie kennen also die finanzielle und die technische Seite aus eigener Erfahrung, ist das ein Vorteil?
Wir arbeiten ohnehin im technischen und kaufmännischen Bereich sehr gut zusammen und die Grundlagen der Projektsteuerung sind ja auch die Gleichen.
Mir geht es da, wie den meisten Generalisten, vielleicht habe ich nicht immer das Fachwissen bis ins letzte Detail – aber ich habe eben die Klammer über beide Bereiche und somit Beides gut im Blick.
Was passiert auf Ihrem Abschnitt und wann?
Beim Knoten Zwickau geht es um einen der letzten verbliebenen “weißen Flecke” des Ausbaus, die Strecke rundherum ist schon fertiggestellt. Für den Bahnhof sind wir nun in der Phase der Vorplanung, die Realisierung steht 2028 an.
Ziel ist es die Leistungsfähigkeit der Anlagen zu erhöhen, die Kapazitäten zu steigern und sie fit für die zukünftigen Herausforderungen zu machen. Dafür müssen wir alte Technik komplett erneuern. Wir gehen auch an den Spurplan und optimieren die Trassen, so dass eine höhere Zugdichte möglich wird. Außerdem erneuern wir alle Bahnsteige- und Bahnsteigzugänge, so dass sie einheitlich, modern und barrierefrei sind und passen dabei die Bahnsteigdächer bedarfsgerecht an.
Die Stellwerkstechnik modernisieren wir auf ESTW- oder vielmehr sogar DSTW-Standard und folgen damit einer Vorgabe im Rahmen der “Digitalen Schiene” (https://digitale-schiene-deutschland.de/de/digitale-schiene). Bei dieser Technologie erfolgt die Übermittlung der Stellbefehle per LAN-Kabel direkt an Weichen und Signale, im Unterschied zum ESTW relativ unabhängig von den Stellentfernungen. Dadurch brauchen wir für den Bau deutlich weniger Kabel- und Kabelwege. Wir planen jedenfalls mit den neuesten Entwicklungen.
Noch sechs Jahre bis zum Bau, was passiert denn da jetzt alles?
Seit Sommer 2020 sind wir in den Vorplanungen. Da passieren erst einmal viele vorbereitende Dinge, Bestand erfassen, Baugrund erkunden und Anlagen vermessen und Erschließung konzipieren. Wir sind jetzt in einer hoch interessanten Phase, denn nun entscheidet sich, wohin es bei der Umsetzung des Projektes geht. Die Ziele sind gesetzt, aber wie kommen wir am besten dahin? Also entwickeln wir Varianten – das ist die Phase, in der man so richtig gestalten kann. Mit der Vorzugsvariante gehen wir dann ins Genehmigungsverfahren mit dem EBA und holen uns interne Freigaben im Konzern.
Wenn das geschafft ist, startet ab 2023 die nächste Phase mit der Entwurfs- und Genehmigungsplanung, bevor wir mit den Ausschreibungen für Bauleistungen beginnen können.
Auf diesem Abschnitt arbeiten wir außerdem mit der Arbeitsmethode BIM (Building Information Modeling), die vereinbarte Vorzugsvariante wird in BIM realisiert. Das ist für mich ein neues Feld, das es zu erlernen gilt. Für das Bauprojekt entsteht sozusagen ein digitaler Zwilling.
Für die 3D-Modellierungen müssen eine Menge Daten erhoben und das System aufwändig gepflegt werden. Der Effekt kommt in der weiteren Planung und dann später im Betrieb. Es hilft zum Beispiel Kollisionen der Gewerke zu verhindern und für die Instandhaltungszyklen hat man alles parat, Material, Zeitpunkt und so weiter.
Eine weitere große Herausforderung, die uns erwartet, ist die Auseinandersetzung mit den unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden und Anlagen im Bahnhof Zwickau. Das betrifft die Post- und Gepäcktunnel, die eigentlich im modernen Eisenbahnbetrieb nicht mehr gebraucht werden, aber z. Bsp. Teile einer ehemaligen seltenen hydraulische Aufzugsanlage „beherbergen“ aber auch die Bahnsteigdächer. Hier gilt es Lösungen zu finden, die neben der Frage der Instandhaltung und Wirtschaftlichkeit auch die Belange des Denkmalschutzes ausreichend würdigen. Deshalb suchen wir nach Annäherung und erstellen Konzepte im engen Austausch mit den Verantwortlichen. Da werden Ideen ganz offen ausgetauscht.
Kann man schon sagen, wie Fahrgäste und Anrainer von den Bauarbeiten betroffen sein werden?
Bei der Größe und der zentralen Stadtlage der Baustelle geht es leider nicht ohne Einschränkungen. Gerade deshalb achten wir schon jetzt darauf, diese so gering wie möglich zu halten. Das erreichen wir über gute Planung und effiziente Bautechnologien. Wir haben beständige Bauzustände ohne viele Wechsel, schauen uns die Baustraßen genau an und optimieren die Logistik, der störungsfreie Bauablauf ist von Anfang an im Fokus.
Und natürlich kümmern wir uns auch um möglichst stabile Verhältnisse für die Fahrgäste, so dass sie nicht jede Woche mit einer neuen Situation, etwa neuen Zugangswegen konfrontiert werden. Wir sind auch da im engen Kontakt mit Kommunen und Verbänden und binden diese zeitig und intensiv in die Vorbereitungen mit ein.
Worauf freuen Sie sich innerhalb des Projektes? Gibt es da ein Highlight?
Das ist auf jeden Fall die Zusammenarbeit mit den qualifizierten Mitarbeitern im Team, wir haben da so viel Fachexpertise. Mir gefallen auch die konstruktiven Diskussionen mit Partnern, diese gestalten und darauf reagieren zu können, das ist besonders schön in dieser Phase.
Und dann die Lernkurve, die Sie bei solch einem Projekt haben, was man da für Erfahrungen machen kann, wenn man auf Herausforderungen stößt und gemeinsam nachdenkt, wie lösen wir die Situation?
Sind Sie selber Fahrgast auf der Strecke, profitieren Sie?
Ja, privat bin ich oft zwischen Dresden und Hof unterwegs, aber aktuell leider nicht mit der Bahn.
Ich kann somit vom Ausbau profitieren und bin gespannt, wie sich mit den neuen Möglichkeiten der Infrastruktur die Angebote im Fernverkehr entwickeln.
Februar 2022